10. Oktober 2022

«Die meisten Leute wollen aktiv geführt werden»

Silvio Schmid managed bei der Anliker AG als Chefpolier grössere Baustellen. «Es menschelt überall», das weiss er und genau da sieht er die Herausforderungen. Redaktorin Anita Bucher traf ihn auf seiner neusten Baustelle in Schlieren, wo er ein Innovationscenter bauen wird: Ein Gespräch über Führung und Management auf der Baustelle.

Fotos: Anita Bucher

Silvio Schmid, Du bist bereits seit über 15 Jahren als Chefpolier im Einsatz. Was gehört zu Deiner Arbeit?
Ich arbeite meistens auf Baustellen, die entweder besonders gross oder besonders kompliziert sind. Da behalte ich dann als Chefpolier den Überblick, führe ein Team aus Polieren oder Vorarbeitern, die an verschiedenen Ecken umsetzen, was wir auf dem Bauprogramm haben.

Wie hast Du Dir diese Position erarbeitet?
Ich bin seit 21 Jahren als Polier unterwegs. Ich mag das Koordinieren, Organisieren und Führen von Leuten. Als Polier muss man gute Ideen haben, immer überlegen, wie man etwas besser oder schneller machen kann, als es bisher gemacht wurde. Ich habe zudem nach der Polierschule noch die Bauführerschule gemacht, als eine Art Backup. Falls ich mal nicht mehr als Polier arbeiten könnte oder mal was anderes machten möchte. Das ist ein guter Background für meine Arbeit draussen. Davon abgesehen bin ich wohl auch an die richtigen Leute geraten, die gemerkt haben, was sie mir zutrauen können.

Das sind wir bereits beim Stichwort «Führung». Was braucht es denn davon im Alltag, damit es funktioniert auf der Baustelle?
Früher war der Inbegriff des Poliers, dass er den ganzen Tag am Geländer stand und von dort herunterschrie und dann die Leute jeweils zusammenschraken. Heute funktioniert das nicht mehr.

Als Baukader muss man die Leute motivieren und begeistern können. Die meisten Leute wollen aktiv geführt werden. Es ist wichtig, dass man ihnen erklärt, was man von ihnen genau möchte, welche Ideen man hat, aber dass man sich auch ihre Ideen anhört, ihre Erfahrungen abholt und sie entsprechend ihrer Fähigkeiten und Erfahrung einsetzt und ihnen etwas zutraut.

Du sprichst davon die Leute mit ins Boot zu nehmen für eine gemeinsame Lösung…?
Ja, genau. Das funktioniert gut bei jenen, die sehr motiviert sind mitzuarbeiten. Dann gibt es aber auch noch die anderen, die man «enger» begleiten muss. Führen heisst auch Grenzen aufzeigen. Es braucht klare Ankündigungen was man von den Mitarbeitenden erwartet. Es menschelt überall. Es ist wie bei einer Fussballmannschaft. Manche muss man streicheln, manche eher vielleicht mal treten. Eigentlich versucht man immer herauszufinden, wie man jeden ideal einsetzen kann.

Welche Führungsfehler hast Du selbst schon gemacht?
In jungen Jahren war ich sicher manchmal zu nett. Da muss man merken, dass man auch mal auf den Tisch klopfen muss. Das sind dann eben Erfahrungen, die man beim Führen auch erst machen muss, um die richtige Balance zu finden. Und dann gibt es manchmal auch Bauleute, die man gar nicht brauchen kann. Da ist wichtig, dass man nicht zu lange zögert, wenn es eben nicht passt, um sie auszutauschen.

Wenn Du Deine Führungs-Erfahrung in drei Tipps zusammenfassen müsstest, was würdest Du sagen?
Führe aktiv, gehe auf die Leute zu, sag ihnen was Du willst und schau Dir die Termine mit ihnen zusammen an. Nutze Deine Sozialkompetenz, um zu schauen, wie Du die Leute motivieren kannst und leg Dir trotzdem ein bisschen Härte zu, für die Fälle, in welchen Du sie brauchst. Es ist auch für mich nicht immer einfach die Leute dahin zu bringen, wo ich sie brauche.

Was verstehst Du unter dem Begriff «Management»?
Für mich ist das die ganze Baustellenorganisation von A-Z, damit die Leute draussen sorgenfrei arbeiten können. Das ist mein Management, das ich mit der Bauablaufplanung mit den Materialbestellungen und mit der Personaleinsatzplanung in Absprache mit dem Bauführer erledige, damit die Baustelle immer läuft und eine gewisse Kontinuität beim Personaleinsatz gewährleistet ist.

Die Herausforderung ist es dann für Dich aufgrund des Bauprogramms die Leute und Maschinen entsprechen zu disponieren?
Die grosse Herausforderung ist das Managen des gesamten Bauvolumens, das genaue Takten von Inventar und Personal sowie die technischen Herausforderungen, die auf jeder Baustelle individuell neu sind. Das alles ist enorm wichtig, um termingerecht arbeiten zu können und die Aufraggeber zufrieden zu stellen und dass in einwandfreier Qualität.

Silvio Schmid, Polier und ausgebildeter Bauführer arbeitet seit 21 Jahren als Polier. Er ist vornehmlich auf Grossbaustellen unterwegs, wo er Leitungsfunktionen wahrnimmt. In seiner Berufskarriere hat er beispielsweise die Grossbaustelle Glasi Bülach mit 18 Gebäudekörpern, am Flughafen Zürich das Dock B und die Gepäcksortieranlage oder in Spreitenbach das I-Max Kino Pathé mit 10 Kinosälen und 200 Wohnungen geleitet.

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