26. April 2023

2'300 Sichtbetonstützen im Berner Wankdorf

Am Guisanplatz in Bern ist eine ARGE aus vier Baumeisterunternehmen mit dem Ausbau der 2. Etappe Guisanplatz 1 beschäftigt. Auf dem Gelände des ehemaligen Armeelogistikparkes entsteht ein neues Verwaltungsgebäude, das aufgrund seines Rasters vielseitig einsetzbar sein soll.

Text: Anita Bucher

Bilder: Fabien Rätz / Anita Bucher


«Ich bin froh, wenn das erste Geschoss über Terrain steht», sagt Baumeister Fabien Rätz, der gleichzeitig Projektleiter ist auf der Baustelle Guisanplatz 1. Seit Juni 2022 ist er hier im Berner Wankdorf für den Rohbau des neuen Verwaltungsgebäudes D verantwortlich. Der Bauplatz ist links und rechts eingepfercht zwischen dem bereits erstellten Verwaltungsgebäude, der Papiermühlestrasse und dem Wankdorf-Center.

Wenig Platz für Logistik
Eine Baustelle wie diese braucht eine gut durchdachte Baustelleninstallation, vor allem auch deswegen, weil die Zufahrt zur Baustelle über die Rückseite zu erfolgen hat. Die verkehrsreiche Papiermühlestrasse darf als Zufahrt nicht benutzt werden. Das bedeutet Einbahnverkehr für die Baustellenfahrzeuge, alle Lastwagen müssen auf der Baustelle wenden. Der Lagerumschlagplatz ist knapp. Angeliefertes Material wird just-in-Time bestellt und verbaut. Dies ist vor allem wegen der zu verbauenden BetonStützen und dem vielen Schalungsmaterial ein Dauerthema, wie Projektleiter Rätz erklärt. «Wir sind permanent am Optimieren, was ein grosser organisatorischer Mehraufwand für die Poliere ist.» Betoniert wird mit der Betonpumpe, um die beiden Kräne für das Versetzen von Stützen und Schalungsmaterial frei zu halten

Anspruchsvoller Sichtbetonbau
Stützen und Wände des Gebäudes werden in Sichtbetonoptik ausgeführt. «Die Schalungsoberfläche der innenseitig erstellten Wände ist sehr fein. Der verwendete Sichtbeton wird mittels Beimischung von 3% Titanoxid leicht aufgehellt», erklärt Rätz. Mit dem Ergebnis darf er zufrieden sein. Die bereits ausgeschalten Wände sind gut gelungen. Nun werden die scharfen Kanten der Wände zum Schutz abgedeckt, genauso wie diejenigen der bereits versetzten vorgefertigten Sichtbetonstützen. Höchste Sorgfalt ist angesagt beim Polier und den ausführenden Bauarbeitern. «Die Genauigkeit wird sehr hoch bewertet. Wir arbeiten hier nach halben SIA-Toleranzen», so Rätz.

Ein Rasterbau für moderne Arbeitswelten
Das Gebäude D wird als sechsgeschossiger Neubau mit Atrium erstellt. Gebaut wird eine Grundstruktur, die in Zukunft verschiedenste Nutzungen abdecken kann. Dafür werden die Büroräume Stockwerk für Stockwerk im gleichen Raster angeordnet. Die Aussenwände bestehen aus einer offenen Glas-Stützen-Kombination, genauso wie die Innenwände zum Atrium hin. Dafür werden im ganzen Gebäude rund 2'300 Betonstützen verbaut. «Rund 390 sind es pro Stockwerk», erklärt Rätz. «Sie sehen alle fast gleich aus, sind es aber nicht.» So gebe es tragende Stützen, nichttragende Stützen und etliche mit massgeschneiderten Ausschnitten für Elektroinstallationen, oder solche mit Überlänge (acht Meter hoch), wie sie für das Atrium verwendet werden. Diese sind bereits versetzt und werden derzeit durch Richtstützen gehalten. Später werden sie mittels Spezialkonsolen einseitig an die Deckenarmierung des Erdgeschosses angeschlossen.

Ein Polier für Stützen und Decken
«Um Material und Leute optimal einzusetzen, haben wir den Bau in vier Hauptkerne und acht Deckenetappen unterteilt. Zwei Poliere arbeiten an den Kernen, einer kümmert sich nur um Stützen und Decken», erklärt Rätz. Polier Miguel Teixeira hat die Übersicht über die vielen Lastwagenlieferungen mit vorgefertigten Stützen, die während der gesamten Bauzeit verbaut werden. Jede Lieferung wurde bei der Herstellerin SACAC AG bereits eineinhalb Jahre zuvor termingerecht vorbestellt. Gibt es auf dem Bau Verzögerungen, hat das zur Folge, dass angelieferte Stützen zwischengelagert werden müssen. Dies gilt es zu vermeiden.

40 Stützen in 60 Minuten
Meistens klappt es aber mit dem Zeitplan. Werden die Betonstützen angeliefert, setzt Miguel Teixeira alles daran diese so rasch wie möglich zu verbauen. Jede Stütze hat unten vier Dorne und wird oben mit drei bis fünf Millimetern Toleranz durch die Deckenschalung eingefädelt. In 60 Minuten schafft es Texeira so beeindruckende 40 Stützen zu versetzen. Hat er dabei noch nie die falschen Stützen erwischt? «Doch», der Polier grinst und ergänzt: «Bei einer der nummerierten Stützen hat die letzte Ziffer gefehlt. Beim Einbau haben wir aber gerade noch rechtzeitig gemerkt, dass es die Falsche ist, und konnten den Fehler noch korrigieren.» Seither achtet er sich noch genauer darauf, dass der angegebene Code aus Buchstaben und Ziffern mit den Plänen korrespondiert. Der gebürtige Portugiese kam vor 19 Jahren in die Schweiz und hat sich seither vom Bauarbeiter zum Polier hochgearbeitet. Rohbau bis Ende 2023 errichtet Präzises Arbeiten ist das A und O, das weiss auch Fabien Rätz. Auf dieser Baustelle gilt das wegen des vorgegebenen Rasters ganz besonders. Deswegen ist er froh, wenn das erste Geschoss steht. «Ab da wiederholt sich das Raster bis oben.» Bis Ende 2023 soll der Rohbau stehen. Bezugsbereit ist der Neubau dann voraussichtlich im Jahr 2026.

 

Nachhaltigkeit am Bau
Das Bundesamt für Bauten und Logistik BBL wendet bei seinen Bauvorhaben die Kriterien für nachhaltiges Bauen an, die im Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz SNBS Hochbau definiert sind. Der Baukörper von Gebäude D ist kompakt, was einerseits die Erstellungs- und Unterhaltskosten reduziert und andererseits zu einem tieferen Energieverbrauch führen wird. Systemtrennung bei Tragstruktur, Gebäudehülle und Innenausbau sowie gute Zugänglichkeit der Gebäudetechnikinstallationen (Lüftung, Sanitär) sind Voraussetzungen dafür, dass Bauteile nach ihrem individuellen Lebenszyklus gewartet, repariert, demontiert und ersetzt werden können. Eine gut gedämmte Gebäudehülle garantiert einen tiefen Energiebedarf. Wärme wird aus dem Erdreich über ein Erdsondenfeld gewonnen und für die Wärmepumpenheizung genutzt, die wiederum zum Teil mit Strom von der Photovoltaikanlage auf dem eigenen Dach betrieben wird. Auch der Wasserhaushalt ist ein Thema. Die WC-Spülungen werden mit Regenwasser betrieben und auf den Dachflächen werden spezielle Matten sowie die Dachbegrünung Regenwasser zurückhalten. Dies als vorbeugende Massnahme um eine Überlastung der Kanalisation bei Starkregen und Überschwemmungen zu verhindern.

WEITERE INFORMATIONEN: verwaltungszentrum-guisanplatz.ch
 

Projektleiter Fabien Rätz

 

 

 

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