28. Mai 2020

Vom vermassten Bauplan zur digitalen 3D-Modellgeometrie

Bauplaner stellen digitale, räumliche Modelldaten für Absteckungen zur Verfügung. Kartengrafik und moderne Geomatiktechnologien haben sich etabliert, um Geometrie auf die Baustelle zu übertragen. Künftig verlieren analoge Absteckungsmethoden noch mehr an Bedeutung. Eine solide Ausbildung von Baufachleuten als Laien-Geomatiker ist daher entscheidend, um auf der Baustelle sicher und effizient zu agieren. Baukader Schweiz ist ihr Ausbildungspartner, sei dies in Kursen oder mit Literatur.

3D-Modell wie gebaut aus Bildern mit Handkamera

Viele unter euch haben schon Bauabsteckungen mit Senkel, Wasserwaage, Schnur, Messband und einem Nivelliergerät ausgeführt. Es ging darum Abstände, Radien, Höhenunterschiede usw. vor Ort abzumessen und mit Markierungen und Eisen zu kennzeichnen. Diese Art der Absteckung in Bezug zu installierten Referenzen (Achsen, Punkte, Leitdrähte, gebaute Strukturen), kommt immer noch zur Anwendung, verliert aber zunehmend an Bedeutung. Vermasste, gedruckte Bauausführungspläne haben in mancher Hinsicht noch ihre Berechtigung, sind jedoch für Vermessungen mit digitaler Kartengrafik schon lange nicht mehr notwendig.

Neue Möglichkeiten mit Geomatiktechnologien

Absteckung mit zeitgemässen Vermessungssystemen erfolgt immer mit digital konstruierten Modelldaten, die in Bezugssystemen, also über Koordinaten, referenziert sind. Mit Vermessungs-software greifen wir auf den digitalen Zwilling des Bauwerks zu und übertragen die massgebende Geometrie auf die Baustelle. Je nach Auftrag wird verlangt, dass abgesteckte oder gebaute Objekte für Nachweise, wie auch zur Aktualisierung des Modells, neu vermessen werden müssen.

Eine Messaufgabe kann nur gelöst werden, wenn Messpunkte vor Ort wie auch im Modell richtig lokalisiert werden können. Dies geschieht mit technisch hochentwickelten Messsystemen, die uns eine präzise, räumliche Positionierung und Navigation am Objekt ermöglichen. Der aktuelle Stand der Technik, die Auswahl und Kombination von verschiedenen Messverfahren, eröffnet neue Möglichkeiten für Baufachleute, die mit Vermessungen betraut werden. Sei dies am Boden, in der Luft, unter Wasser und insbesondere auch mit der räumlichen Steuerung von Baumaschinen.

Voraussetzungen für Messpersonen

Baufirmen rutschen oft überraschend schnell in die Rolle des Geomatikers und sind umgehend konfrontiert mit der Einführung neuer Mittel und neuen Arbeitsabläufen, sowie der fachspezifischen Ausbildung ihrer Baufachleute als Messpersonen. Damit betraute Baufachleute motiviert und sicher als Laien-Geomatiker ans Werk gehen, braucht es meines Erachtens drei Dinge:

  • Der positive Wille sich in Geomatik einzuarbeiten und die volle Verantwortung für durchgeführte Vermessungen zu übernehmen.
  • Eine solide, fachliche Grundbildung und möglichst rasch regelmässige Praxiseinsätze.
  • Ein eingerichteter Kontakt zu einem bauerfahrenen Geomatikprofi für rasche Unterstützung im Bedarfsfall.

Bauvermessungen fallen meist kurzfristig an. Ich vergleiche daher die Baugeomatik gerne mit der Feuerwehr. Nur wer gut vorbereitet ist, kann im Ernstfall effizient, sicher und flexibel tätig sein.

Schlüsseltechnologie Baugeomatik

Baugeomatik ist die Schlüsseltechnologie, um die benötigte Modellgeometrie auf die Baustelle zu übertragen (BIM-Begriff: layout) und Gebautes geometrisch zu erfassen (BIM-Begriff: as-built).

Der Bauplaner ist zuständig für die Richtigkeit, Aktualität und Vollständigkeit der massgebenden Modellgeometrie. Der Geomatikprofi kennt die Systematik der Messverfahren und unterstützt im Bedarfsfall die Laien-Geomatiker. Er erledigt auch Vermessungsaufgaben für den Bauplaner und sollte schon vor der Projektierung eines Bauobjektes, den zugehörigen Bezugsrahmen mit Fixpunkten vor Ort realisieren. Vielfach übernimmt auch er die Aufbereitung der Modelldaten und den Transfer in Vermessungssoftware der Navigationssysteme.

Der Geomatiker ist das Bindeglied zwischen der Bauplanung und der Bauausführung. Er navigiert und bewegt sich in der virtuellen Welt (auf der Kartengrafik des Tablet-PC), als auch in der realen Welt (mit dem Messsystem am Messpunkt) zugleich. Damit dieses Zusammenspiel funktioniert und mögliche Fehlerquellen aufgedeckt werden, gilt es vorhandene Wissenslücken bei Bauplanern und Messpersonen zu schliessen. Dazu braucht es vermehrt Weiterbildung, Aufklärung und Auffrischungskurse, um die nötige Fachkompetenz in Geomatik zu erlangen.

Bereiche mit Handlungsbedarf

Aus meiner Sicht gibt es aktuell folgende Bereiche mit Handlungsbedarf:

  • Es gilt sicherzustellen, dass nur ausgebildete Messpersonen Vermessungen durchführen.
  • Die Anforderungen an die Geometrie von Modelldaten für Absteckungen sind deutlich gestiegen. Datenlieferanten (Bauplaner) müssen über Vorgaben und Bedingungen unterrichtet werden.
  • Laien-Geomatiker in Bauunternehmungen müssen die Möglichkeit haben, sich kurzfristig bei bauerfahrenen Geomatikprofis Hilfe zu holen.
  • Die Absteckungseffizienz kann erheblich gesteigert werden, wenn direkt dreidimensional navigiert werden kann. Dazu werden lückenlose 3D-Daten eines Bauprojektes benötigt. Leider sind bisher bei vielen Objekten nur teilweise 3D-Geometrien vorhanden.
  • Modelldaten sollten sich zwingend auf Bestandsaufnahmen aus bedarfsgerechter Vermessung stützen. Nur so können unliebsame Widersprüche zu gebauten Strukturen vermieden werden. Je früher Geomatikdienstleistungen in einem Bauprojekt greifen, umso besser ist die Wirkung und der Nutzen bis zum Bauende.

Baukader als Ausbildungspartner

Baukader Schweiz ist aktiv im Bereich Baugeomatik und bietet dazu Kurse wie auch Literatur an.

Für Gruppen von Messpersonen einer Bauunternehmung, die neu mit Baugeomatik einsteigen, bieten wir Firmenkurse an. Die Durchführung macht besonders Sinn, wenn firmenintern neue Vermessungssysteme unmittelbar vor der Einführung stehen und auch neue Arbeitsabläufe damit verbunden sind. 2019 ist im Verlag Baukader Schweiz zudem die neue Broschüre «Einführung in Baugeomatik» erschienen, die sich speziell an Laien-Geomatiker adressiert. Sie dient der Vertiefung ins Thema und enthält viele praktische Tipps für erfolgreiches, effizientes und sicheres Vermessen auf der Baustelle.

Vielleicht müssen Sie demnächst Messaufgaben übernehmen und fühlen sich noch unsicher?
Eine Investition in Ihre Ausbildung oder eine Auffrischung ihrer Kenntnisse kann im Bereich Baugeomatik viel bewirken. 

Mehr Informationen: http://baukader-web.stage.mxm.ch/de/meine-laufbahn/kurse/kurse/baugeomatik-tachymetrie/?c=7b49d430-bda1-499b-839e-b251eb199d41

 


Text und Bilder: Urs Bruderer, Geomatikprofi und Ausbildner

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