24. Juni 2021

Ein Kantonsstrassentunnel wird zum Autobahntunnel

Seit September 2019 ist der Vispertaltunnel gesperrt. Nach rund 1.5 Jahren Bauzeit ist im Tunnelinnern viel passiert. Vielerorts wurden zusätzliche Ausbrüche gemacht um den Tunnel zu verbreitern und an die anderen Teilstücke der neuen Autobahn anzuschliessen. Geologische Schwierigkeiten mussten gelöst, das Tunnellüftungssystem auf den neuesten Stand der Technik gebracht werden, und und und…


Betonarbeiten zur Vorbereitung zum Versetzen der Elemente (im Hintergrund) für die technische Installation.

 

„Ich erinnere mich noch an die Erstellung des Vispertaltunnels in den 90er Jahren. Hierbei war ich ebenfalls involviert“, beginnt Projektleiter Predrag Stefanovic seine Erzählungen. Er, der seinerseits noch als Bauingenieur am Vispertaltunnel mitgearbeitet hat, ist heute Projektleiter der A9 und leitet die verschiedenen Autobahn-Teilprojekte, die es für den Anschluss Visp West braucht. Einiges ist bereits umgesetzt, wie etwa die Ein- und Ausfahrten Visp West (grau und schwarz). Den gigantischen Aufwand, der dahintersteckt, kann man sich ohne Vorwissen gar nicht vorstellen.

Von Tauchern und Unterwasserbeton

Die Nähe zur Rhone und zu einem weiteren kleinen Wasserkanal, bedeuteten aufgrund der Grundwasservorkommen einen riesigen Mehraufwand für die Bauarbeiten. In der Nähe der stark frequentierten Zufahrt zum Lötschberg-Basistunnel, der SBB-Tallinie und der Kreuzung mit der Hochdruckleitung der Swissgas liess sich das Grundwasser nicht absenken. Stefanovic erzählt vom schwierigen Bau der Vollanschlussschleife zum neuen Autobahntunnel. Diese wurde in der Erstellung in 25 Teiletappen unterteilt. Jede davon wurde mit einer Spundwand rundherum komplett abgedichtet, damit die Betonsohle mittels Unterwasserbeton auf vorgängig versetzten Auftriebszugpfählen überhaupt erstellt werden konnte. Die Betonsohle bildete eine stabile Grundlage für die Trockenlegung der Baugrube worauf schliesslich die Bodenplatte, die mit Zugankern an der Sohle befestigt ist, eingebaut werden konnte. Die komplette Bauzeit für die Einfahrt betrug denn letztendlich 38 Monate. Seit 2018 ist die Schleife nun fertigstellt. Eröffnet wird sie dann aber erst im Jahr 2024, wenn auch die Südröhre des Tunnels fertig ist.

Eröffnung der Nordröhre im Frühjahr 2022

Fertig ist bereits die Nordröhre, die komplett neu erstellt wurde. Hier werden derzeit noch die letzten Arbeiten bzw. Sicherheitstests, der Betriebs- und Sicherheitsausrüstung ausgeführt. Ein ganzes Team von Spezialisten ist damit beschäftigt den Tunnel so weit wie möglich durchzuchecken und abzusichern. Diese Tests sind Vorschrift und dauern in der Schweiz üblicherweise ungefähr ein halbes bis ein Jahr. Die Abschnitte TVPT Tunnel Vispertal VZWII – VZWII sind noch in Ausführung. Die Inbetriebnahme ist für Mitte 2024 geplant. Die Abschnitte TVPT Tunnel Vispertal VZWII – SE werden zusammen mit dem Überwurftunnel und der Nordröhre im Frühjahr 2022 in Betrieb genommen.

Das in der Grafik pink eingezeichnete Teilstück ist die Verlängerung der Südröhre. Sie wurde gleichzeitig mit der Nordröhre neu gebaut, geht aber zusammen mit der Südröhre erst Mitte 2024 in Betrieb. Die BSA-Anlagen sind in diesem Tunnelabschnitt noch nicht montiert, da er derzeit noch als Baustellenzufahrt für den Umbau Vispertaltunnel genutzt wird. Bleibt also noch der alte Vispertaltunnel, das Herzstück im Projekt, das zur Autobahn-Südröhre umgebaut wird.


Als Autobahntunnel muss der Vispertaltunnel ganz andere Anforderungen erfüllen, deshalb wird er vielerorts verbreitert.
 

Herausfordernde Anpassungen im bestehenden Vispertaltunnel

Die Bauarbeiten für den Umbau des Vispertaltunnels zu einem Autobahntunnel mit Ausfahrt in die Vispertäler sind in vollem Gange, wie uns Michel Buchs, Geologe und Verantwortlicher für die Ausführung der ARGE Tunnel Visp vor Ort erklärt. Gleich an mehreren Stellen im Tunnel wird intensiv an Ausbrüchen, Umbauten und Sanierungen gearbeitet. Ausbruchssarbeiten gab es natürlich vor allem bei der Verzweigungskaverne II für die neue Autobahnausfahrt in die Vispertäler. Hier musste der sonst linienförmig verlaufene Tunnel auf die notwendige Breite vergrössert werden. Beim Bau der 245 m langen Verzweigungskaverne II waren das beispielsweise rund 30'000 m3 Material, das ausgebrochen werden musste. Davor wurde der Tunnel rundherum verstärkt und bewehrt, um das Sicherheitsrisiko für die Mineure zu minimieren. Während weiter hinten noch verstärkt und ausgebrochen wird, sind die Ausbrucharbeiten bei der Verzweigungskaverne II bereits abgeschlossen. Ein Team von Bauarbeitern ist daran, die vorfabrizierten 3,40 m breiten, 2,10 m hohen, 2,40 m langen und ca. 10 t schweren Betonelemente zu versetzen, die unter der künftigen Fahrbahn eingesetzt werden. Sie bilden einen begehbaren Werkleitungskanal für die Verlegung und Bewirtschaftung sämtlicher technischer Leitungen, die hier vor den Belastungen der Fahrbahn geschützt sind.

Nachträglicher Sohlgewölbe-Einbau

Den Projektbeteiligten stellen sich trotz aller Sorgfalt bei Planung und Ausführung auch immer wieder neue Herausforderungen für den Erhalt der Bausubstanz. So hatten etwa geologische Schwierigkeiten in der Rhône-Simplon-Störung im Vispertaltunnel zu Hebungen der Fahrbahn bis zu 8 cm geführt, die bei der Durchfahrt deutlich spürbar waren. «Auf einer Gesamtlänge von 200 Meter musste darum nachträglich ein Sohlgewölbe eingebaut werden, das die bestehende Verkleidung zum Ring schliesst und neue Hebungen der Fahrbahn vorbeugt», so Buchs. Eine grosse Herausforderung für die Baustellenlogistik, da dieser Teilbereich für den Baustellenverkehr derzeit unpassierbar ist.Michel Buchs tut die zusätzliche Schwierigkeit mit einer Handbewegung und einem Lächeln ab. Sicher ist: Es wird nicht die letzte Herausforderung bleiben. Bis zur Eröffnung Mitte 2024 kann noch viel passieren.


Auf Baustellenrundgang mit dem Verantwortlichen für die Ausführung der ARGE Tunnel Visp Michel Buchs (links) und dem A9-Projektleiter Predrag Stefanovic.
 

Die Autobahn A9 verbindet das Wallis

Die Autobahn A9 zwischen Siders und Brig gehört zu den letzten Kilometern des Schweizer Nationalstrassennetzes, die noch zu bauen sind. Obwohl nur gerade 31,8 Kilometer lang ist das Projekt sehr komplex. Im Rhonetal ist der Platz eng, und die geologischen Verhältnisse ändern immer wieder. Das Projekt Autobahn A9 ist deshalb in viele verschiedene Bau- Abschnitte unterteilt. Die gesamte Strecke besteht zu rund 50% aus Tunneln oder gedeckten Einschnitten. 2026 soll die gesamte Autobahn (mit Ausnahme der Teilstrecke durch den Pfynwald) fertig gebaut und eröffnet werden.

Mehr Informationen

 

TEXT / BILDER: Anita Bucher

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