20. Mai 2021

Grossumbau bei der Berufsbildung auf dem Bau

Der Vorarbeiter soll einen eidgenössisch anerkannten Abschluss erhalten, der Bauführer künftig eine eidgenössische Prüfung absolvieren – es ist vieles im Umbruch in der Berufsbildung auf dem Bau. Marc Aurel Hunziker, Vizedirektor und Leiter Bildung beim Schweizerischen Baumeisterverband erklärt, warum das für die Branche so wichtig ist, und wann die Neuerungen zu erwarten sind.

Interview: SBV

 

 

Der Masterplan «SBV-Berufsbildung 2030» wurde Ende 2018 vom Schweizerischen Baumeisterverband lanciert. Um was geht es?

Marc Aurel Hunziker: Mit dem Masterplan «SBV-Berufsbildung 2030» verfolgt der SBV das Ziel, dass die Branche den Bedarf an gut ausgebildeten Fachkräften auch künftig decken kann. Der Handlungsbedarf zeigt sich mit Blick auf den aktuellen Entwicklungen im Fachkräftebereich: Der Branche stehen aufgrund der Altersstruktur im Bereich des Baustellenkaders, insbesondere bei den Vorarbeitern und Bau-Polieren, viele Pensionierungen bevor. Gleichzeit nimmt die Anzahl der Maurerlernenden seit 2013 stetig ab.

Wie soll hier der Masterplan Abhilfe schaffen?

Ich bin überzeugt, dass ein bedarfsgerechtes und modernes Ausbildungs- und Karrieresystem, das gute Karrierechancen für Berufsleute bietet einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Fachkräftesituation leistet. Dies gelingt nur, wenn wir als Branche Perspektiven bieten können und dazu gehört ein attraktives Ausbildungs- und Karrieresystem.

Was ist der Stand der Arbeiten im Rahmen des Masterplans?

Wir haben in den letzten zwei Jahren intensiv am Masterplan «SBV-Berufsbildung 2030» gearbeitet.  In enger Zusammenarbeit mit der Branche und Fachexperten der Aus- und Weiterbildung haben wir zwei wichtige Meilensteine erreicht. Einerseits hat die Delegiertenversammlung des SBV im November die fünf Eckwerte des Ausbildungs- und Karrieresystems mit grosser Mehrheit gutgeheissen. Andererseits wurden im Dezember die Kompetenzprofile der sechs Berufsfunktionen Baupraktiker, Maurer, Vorarbeiter, Bau-Polier, Bauführer und Baumeister verabschiedet. Auf Basis dieser Grundlagen sind wir 2021 in die Umsetzungsphase gestartet.

Was beinhalten die fünf Eckwerte des Ausbildungs- und Karrieresystems?

Die Eckwerte definieren die Rahmenbedingungen, um das Ausbildungs- und Karrieresystem unternehmerorientiert zu modernisieren. Eine wichtige Neuerung ist, dass die Berufsfunktion des Vorarbeiters wie die anderen Kaderabschlüsse eine eidgenössische Anerkennung erhält und dadurch besser positioniert wird. Zudem wird der Abschluss als Bauführer künftig als eidgenössische höhere Fachprüfung zertifiziert und so den tatsächlichen komplexen Anforderungen angepasst. Aktuell wird die Ausbildung als Bildungsgang an höheren Fachschulen angeboten. Diese sind schwerpunktmässig schulisch und als erste Ausbildung nach der beruflichen Grundbildung ausgerichtet.

Welche Überlegungen stehen hinter der Neugestaltung des Ausbildungs- und Karrieresystems?

Neu sollen alle Kaderberufe mit einer eidgenössischen Prüfung zertifiziert werden. Das heisst, die Qualitätskontrolle nach der Ausbildung liegt für sämtliche Kaderberufe in den Händen von Prüfungskommissionen, die aus Unternehmensvertretern, also Praktikern bestehen. Die Weiterbildung erhält zudem einen höheren Stellenwert. Künftig sollen Branchenzertifikate die Kaderausbildungen bereichern und ergänzen, aber auch die Türe öffnen für Quer- und Wiedereinsteiger. Der Leistungsauftrag der Unternehmer ist klar: sowohl die Kompetenzen der Kaderabschlüsse als auch der Branchenzertifikate in der Weiterbildung sollen nach einheitlichen Standards geprüft und verbindlich bestätigt werden. Zentral dabei ist, dass die Abschlüsse die unmittelbare Einsatzfähigkeit der Fachkräfte in den Unternehmen garantieren. Dazu müssen alle Abschlüsse modernisiert und auf eine klare Handlungskompetenzorientierung ausgerichtet werden.

Ab wann sollen die neuen Abschlüsse in Kraft treten?

Im Interesse aller Beteiligten und mit Blick auf die Fachkräfteentwicklung gilt es die Umsetzung nun zeitnah und effizient an die Hand zu nehmen. Wir sind im März 2021 mit den Revisionen der vorgesehenen Reglemente gestartet. Diese folgen dem vom Bund vorgegebenen Prozessen, die den Ablauf, sowie die Zuständigkeiten der verschiedenen Beteiligten regeln.

Ein zentrales Element für den Erfolg der Revisionen ist jedoch auch, dass die Bildungsanbieter mit Unterstützung des SBV die Ausbildungen auf die neuen Inhalte umstellen können und damit die Kandidaten gut auf die eidgenössischen Prüfungen vorbereitet werden. Diese Arbeit ist nicht zu unterschätzen und sie fordert ein Umdenken und eine Praxisänderung. Die Inkraftsetzung der Reglemente trägt diesem Umstand Rechnung und ist daher individuell zwischen 2024 und 2026 geplant.

Welche Rolle spielen die Arbeitnehmerverbände bei der Umsetzung?

Die Stärke der schweizerische Berufsbildung liegt seit jeher in seiner starken Arbeitsmarktorientierung. Diese kann nur gelebt werden, wenn die Unternehmer als Besteller der Kompetenzen und Qualifikationen auftreten und damit verantwortlich sind für die bedarfsgerechte Definition der Bildungsinhalte sowie der Prüfungen. Jedoch spielt die Sozialpartnerschaft in diesem Kontext eine wichtige Rolle. Im Bereich der Kaderausbildungen, namentlich beim Bau-Polier und künftig auch beim Vorarbeiter, ist Baukader Schweiz neben der Unia und der Syna, als Mitträger der Reglemente ein wichtiger Partner. Die Arbeitnehmervertreter sind somit ebenfalls in den Revisionsprozessen involviert und übernehmen als Mitglieder des entsprechenden Steuergremiums eine Mitverantwortung.

Gibt es aus Ihrer Sicht einen zentralen Erfolgsfaktor bei der Umsetzung?

Wir müssen auf ein klares Miteinander, eine gute Partnerschaft, sowie auf eine breite Beteiligung gemäss den etablierten Rollen im schweizerischen Berufsbildungssystem setzen. Ich bin zuversichtlich, dass wir den Auftrag erfolgreich erfüllen werden. Alle Beteiligten verfolgen letztlich ein gemeinsames Ziel für das Wohl von Arbeitgeber und Arbeitnehmer: die Sicherstellung der Arbeitsmarkfähigkeit der künftigen Fach- und Führungskräfte des Bauhauptgewerbes.

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