10. September 2021

Holz und Beton in perfekter Symbiose

Auf der Baustelle Gams (SG) baut die Alpiger Living AG als Totalunternehmerin drei Mehrfamilienhäuser aus Holz. Auf der Baustelle arbeiten Baumeister und Holzbauer Hand in Hand und holen dabei aus jedem Material das Beste heraus.

≪Tiefbau, Hochbau und Holzbau≫, auf unserer Baustelle findest Du momentan alles gleichzeitig“, erzählt Aurel Eugster, Projektleiter der Alpiger Holzbau AG, als er mich an diesem August-Morgen herumführt. Während bei Bau 1 bereits die Holzbau-Elemente bis zum Dach und zur Dachlattung montiert sind, stellen der Baumeister und seine Crew bei Bau 2 die Betonarbeiten vom Treppenhaus fertig. Jedes der drei Hauser befindet sich in einem anderen Ausbaustatus. Bau 3 ist noch ganz im Keller. Im Abstand von vier Wochen sollen aber alle drei Häuser aufgerichtet sein.

Die drei Wohnhäuser erstellt die Alpiger Living AG als Totalunternehmerin. Gewählt wurde ein bewahrter Mix aus Holzbau und Beton. Nebst der Tiefgarage und dem Kellergeschosswird das Treppenhaus vollständig im Massivbau erstellt. Die Bauleitung liegt beim Team der Architekturabteilung der Alpiger Holzbau AG; der Baumeister und der Holzbauer arbeiten sozusagen Hand in Hand.

Hoher Vorfertigungsgrad in der Werkhalle

Im Produktionswerk im nahen Sennwald stehen die vorproduzierten Elemente für Bau 2 schon parat. Jedes Holzbau-Element tragt ein Qualitätslabel, das bestätigt, dass der Qualitätscheck in der Fertigungshalle bestanden wurde. Das grösste Element ist ungefähr 2,5 Tonnen schwer. Darin sind die Dämmung, die Fermacell-Platten, die Fenster und die Fassade aus Fichte, lasiert, bereits eingebaut.
≪Wir wollen einen möglichst hohen Vorfertigungsgrad hinkriegen, damit die Bauzeit auf der Baustelle kurz wird und wir möglichst wenig der Witterung ausgesetzt sind≫, so Eugster.

 

Im Alpiger-Pdouktionswerk wird noch das letzte Wand-Dachelement für Bau 2 produziert

Für die Holzbauer ist die grösste Schwierigkeit der Übergang vom betonierten Untergeschoss zum Holzbau. Die millimetergenau produzierten Holzelemente kommen hier mit dem handwerklich vor Ort erstellten Betonkern in Berührung. Das braucht am meisten Zeit. Danach geht’s mit dem Holzbau rasch weiter. Innerhalb drei Wochen steht das ganze Haus inkl. dichtem Unterdach. Sofern das Wetter stimmt.


Am Wetter orientiert bauen

≪Pro Stockwerk brauchen wir zwei trockene Tage≫, erzählt Eugster. Dabei unterteilen die Holzbauer jede Etage in zwei Aufrichtetappen. Jede davon geht bis zum betonierten Treppenkern (mittig im Grundriss). ≪So wird es einfacher zum Abdecken, wenn sich das Wetter ändern sollte≫, erzählt Eugster. Nebst der Element-Bauweise bauen die Holzbauer auch sichtbar bleibende Brettschichtholzdecken ein. ≪Diese dürfen absolut nicht nass werden.≫

Als Projektleiter steht Eugster stets in regem Austausch mit Holzbaupolier Christoph Lüchinger auf der Baustelle. Mehrmals täglich konsultiert er das Wetterradar, vor allem am Freitag, wenn zwei baufreie Tage anstehen. Ein Notdach steht zwar immer bereit, die benötigte Zeit zum Eindecken muss aber einberechnet werden. ≪Wenn wir Aufdecken und Abdecken sind von einem 10-Stunden-Tag sofort zwei Stunden verloren≫, so Eugster. Vor den zweiwöchigen Betriebsferien Ende Juli, als sich der Sommer 2021 endlich von seiner schönen Seite zeigte, waren deshalb lange Arbeitstage die Regel. Mit vereinter Manpower hat es das Team aber geschafft bei Bau 1 in einer Woche drei Stockwerke inkl. dichtem Unterdach hinzustellen. Jetzt erledigen die Holzbauer Verschraubungen vor Ort, schliessen Elementstösse oder setzen die Lattungen für die Dachziegel, wahrend sie darauf warten, dass es beim zweiten Bau mit Aufrichten losgehen kann. Dabei macht die Alpiger Holzbau AG alle Holzbauarbeiten, auch diejenigen im Innenausbau, selbst.


Sinnvolle Holz-Beton-Verbunddecken

Der Holz-Rohbau steht also bereit. Innen ist schon fast alles vorbereitet für die Erstellung der Holz-Beton-Verbunddecken. Durch dieses System wird eine schlanke Decke mit Speichermasse geschaffen, wobei die Zugkräfte im Holz und die Druckkräfte im Beton optimal zusammengebracht werden. Die Armierungseisen für die Betonschicht wurden bereits beim Aufrichten grad in die richtigen Wohnungen gestellt. Genauso wie die raumhohen Fenster, die teils vor Ort eingebaut werden. ≪Unser Polier hat während dem Aufrichten bereits die Zwischenwände eingemessen, damit das Team ohne langes Suchen sofort wusste, welche Wand an welchen Platz zu stehen kommt≫, erzählt Eugster, während er mich auf die Markierungen am Boden aufmerksam macht. Drei verschiedene Innenwandtypen wurden hier verbaut. Solche mit statischer Funktion, andere ohne, und dann noch diejenigen mit Schallschutzfunktion, welche die Wohnungen gegeneinander abtrennen. Alle stehen sie auf ≪Füssli≫, damit der Beton, der hier eingegossen wird, sich zu einer statischen Scheibe verbinden kann, die dann wiederum am Treppenturm angeschlossen wird und entsprechend auf den ganzen Bau aussteifend wirkt. In der Betonschicht werden zudem die ganzen Installationen versorgt.

Die Innenwände stehen auf "füssli", damit sich der Beton zu einer statischen Scheibe verbinden kann.

Planung bis ins kleinste Detail

Durch den hohen Vorfertigungsgrad sind frühzeitige Besprechungen mit den Installateuren im Holzbau besonders wichtig. Unternehmer Daniel Alpiger, der uns auf der weiteren Baustellenführung begleitet, weiss: ≪Es braucht die richtige Kombination. Der Architekt, der Ingenieur, der Bauphysiker und der Fachplaner Holzbau müssen sehr gut zusammenarbeiten.≫ Und nach einer kleinen Pause ergänzt er: ≪Vor Ort steht und fällt zudem alles immer mit dem Polier und dem Team, das Du auf der Baustelle hast.≫

Die drei Hauser in Gams werden im Vier-Wochen-Turnus erstellt. Dieselben Leute arbeiten vier Wochen an einem Haus, vier Wochen am nächsten und wiederum vier am letzten. Für Projektleiter Eugster eine echte Herausforderung: ≪Ich musste ziemlich viel koordinieren im Vorfeld. Das erste Haus wurde bereits aufgerichtet, während das zweite in Produktion war und ich das dritte noch am Planen war.≫ Jetzt da Bau 1 steht, ist vieles einfacher: ≪Wenn beim Aufrichten des zweiten Hauses eine Schlechtwetterperiode kommt, sind wir nicht total blockiert. Während wir auf besseres Wetter warten, kann die neunköpfige Holzbaucrew im Gebäudeinnern von Bau 1 weiterarbeiten.≫


Den idealen Materialmix finden

Während ich mit Aurel Eugster und Daniel Alpiger den restlichen Rohbau besichtige, macht mich Eugster auf diverse Details aufmerksam, wie etwa die Brandschürze aus Eichenholz, die gemäss Brandschutzvorschriften die jeweiligen Geschosse trennt.

Zuoberst im Haus angekommen, lasst es sich der Chef nicht nehmen kurz aufs Dach zu klettern und die Baustelle zu überblicken. Bei seiner Rückkehr ist er zufrieden. Alles ist auf Kurs. Obwohl die Herzen meiner beiden Begleiter hier auf der Baustelle sichtlich für Holz schlagen, bleiben sie pragmatisch: ≪Mischformen bieten sehr gute und kosteneffiziente Lösungen≫, erklärt Alpiger. ≪Es braucht Beton, es braucht Stahl, es braucht Holz. Ich bin der Meinung man muss alles am richtigen Ort haben. Jedes Material hat seine Vor- und Nachteile≫, sagt er und meint es auch so. In der Tat hat die Alpiger Living AG schon manches Gebäude in Holz und Beton erbaut. Die Baustelle Gams zeigt eindrücklich, wie aus diesen beiden Materialien mit so unterschiedlichen Eigenschaften das Beste herausgeholt werden kann.

www.alpiger-holzbau.ch

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